Umsatzsteuer für die Aktenversendungspauschale_

Weil immer wieder Fragen zur Thematik "Umsatzsteuer für die Aktenversendungspauschale bei unserer Hotline eingehen, erhalten Sie nachfolgend einige Überlegungen.

Wir übernehmen für die Richtigkeit dieser Aussagen keine Gewährleistung.

Nach einem umfangreichen Meinungsstreit und zahlreichen unterschiedlichen Urteile zur Aktenversendungspauschale Nr. 9300 KV GKG scheint die Auslegung des OLG Hamm (v. 19.12.2005 - 2Wc 300/05) überzeugend:

1. Die Aktenversendungspauschale deckt als pauschale Auslage nur den Aufwand und die Kosten je Versendungsvorgang ab, die bei Gericht und Staatsanwaltschaft für die Hin - und Rücksendung der Akten entstehen.

2. Die Aktenversendungspauschale wird nur erhoben, wenn die Aktenversendung der Akten "auf Antrag" erfolgt. Bei Amtshilfe entsteht die Pauschale nicht, weil der Tatbestand Antrag fehlt.

3. Das GKG regelt nur die bei Gericht und Staatsanwaltschaft anfallenden Kosten, es regelt nicht die Kosten der Anwaltskanzlei. Kosten, die bei Rechtsanwälten im Zusammenhang mit der Aktenversendung entstehen, sind keine Auslagen nach Nr. 9300 KV GKG.

4. Für Kosten des Rechtsanwalts gilt das RVG oder eine entsprechende Auslagenvereinbarung zwischen Partei und Rechtsanwalt/Rechtsanwältin.

durchlaufende Posten

Durchlaufende Posten i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG, § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG sind Beträge, die der Unternehmer - hier der Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin - im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verauslagt.

Durchlaufende Posten gehören nicht zum umsatzsteuerpflichtigen Entgelt. Für die Kanzlei sind dies Beträge, die weder Aufwand noch Ertrag darstellen.

Nach Abschnitt 152 Abs. 1 UStR übernimmt der Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin bei durchlaufenden Posten die "Funktion einer Hilfsperson, ohne selbst einen Anspruch auf den Betrag gegen den Leistenden zu haben und nicht zur Zahlung an den Empfänger verpflichtet zu sein."

Ein durchlaufender Posten verlangt, dass zwischen dem Zahlungspflichtigen und dem Zahlungsempfänger eine unmittelbare Rechtsbeziehung (BFH v. 24.02.1966) besteht. 

Dies setzt voraus, dass der Zahlungsverpflichtete und der Zahlungsempfänger jeweils den Namen des anderen und die Höhe des zu zahlenden Betrags erfahren (BFH v. 04.12.1969) oder der RA/die RAin Gerichtsgebühren und Auslagen für den Mandanten auslegt, die

a) in einer verbindlichen öffentlich - rechtlichen Gebührenordnung bestimmt sind

und

b) den Auftraggeber - hier den Mandanten - als Kostenschuldner bestimmten (BFH v. 24.08.1967, Abschnitt 152 Abs. 1 und 2 UStR.)

Beispiele für durchlaufende Posten:

    Gerichtskostenvorschüsse

    Gebühren für den Gerichtsvollzieher.

Diese vorgenannten Gebühren sind durchlaufende Posten, weil sie für Namen und Rechnung eines anderen von der Kanzlei vereinnahmt und verauslagt werden.

Der Kostenschuldner bestimmt sich

    für Gerichtgebühren nach § 29 GKG;

    für Gebühren des Gerichtsvollziehers nach § 13 GvKostG.

In beiden Fällen ist nach den gesetzlichen Vorschriften nicht der RA/die RAin Kostenschuldner.

Keine durchlaufenden Posten

Öffentliche Gebühren, die vom Auftraggeber/Antragsteller - hier dem Rechtsanwalt/der Rechtsanwältin - geschuldet werden, sind keine durchlaufenden Posten, auch dann nicht, wenn sie dem Mandanten gesondert berechnet werden (vgl. BFH v. 04.06.1970, Abschnitt 149 Abs. 6 UStR).

Die Möglichkeit der Weiterbelastung der Kosten ist ohne jede Bedeutung für den Umsatz der Kanzlei.

Keine durchlaufenden Posten sind z. B.

    die Aktenversendungspauschale,

    die Grundbuchabrufgebühr für die Einsichtnahme in das elektronische Grundbuch,

    die Abrufgebühren für die Einsichtnahme in elektronische Register wie z.B. das Handelsregister, das Unternehmensregister 

    Gebühren für Anfragen bei Einwohnermeldeämtern.

Bei der Aktenversendungspauschale ist nach § 28 Abs. 2 GKG der Antragsteller - hier also der RA/ die RAin - Schuldner/in der Auslagen nach Nr. 9300 KV GKG.

Bei Einsichtnahme in elektronische Register der Justiz ist der RA/die RAin Gebührenschuldner/in der Justiz, weil ihm/ihr die Genehmigung zur Einrichtung des Abrufverfahrens gegen Gebühr erteilt wurde (vgl. BMF - Schreiben v. 20.06.2005 - IV A 5 - S 7200 - 30/05 OFD; Frankfurt v. 19.08.2005 - S 7 200 A - 226 - St I 2.20; OFD Münster v. 20.07.2005; OFD Hannover v. 14.07.2005 - S 7 200 - 339 - StO 181).

Bei den Gebühren der Einwohnermeldeämter ist nach den jeweiligen Gebührenordnungen ebenfalls der RA/die RAin Gebührenschuldner/in.

Werden die vorgenannten Fälle dem Mandanten in Rechnung gestellt, sind diese Posten

    keine durchlaufenden Posten sind,

    umsatzsteuerpflichtige Entgelte sind, weil diese Beträge a.) nicht im Namen und für Rechnung eines anderen verauslagt worden sind und b.) vom Auftraggeber/Antragsteller - hier dem RA/der RAin - und nicht vom Mandanten geschuldet werden.

Schlussfolgerung (ohne Gewährleistung)

Bei Aktenversendungspauschalen, EMA - Anfragen und Gewerbeauskünften ist der Anwalt der Auftraggeber und hat die Kosten zu tragen. In diesen Fällen müssen diese Kosten dann umsatzsteuerpflichtig an seinen Mandanten weitergegeben werden.

Anders bei Gerichtskosten: Hier ist der Mandant der Kostenschuldner. Daher handelt es sich bei diesen Gerichtskosten um "echte" durchlaufende Posten, die nicht zu versteuern sind.